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Kunden em pfehlungen

Rezensionen von Reiseweise:

Verknüpfte Migrationsgeschichten

Der Wind kennt meinen Namen von Isabel Allende

Isabel Allendes neuer Roman „Der Wind kennt meinen Namen“ verknüpft die Lebensgeschichten mehrerer Einwanderer in den USA - von Leticia, die mit ihrem Vater einst vor dem Bürgerkrieg aus El Salvador floh, von Samuel, der als jüdisches Kind in Wien von seiner Mutter nach England geschickt wurde, um ihn vor dem Massenmord der Nationalsozialisten zu retten, und von Anita, die beim Grenzübertritt an der mexikanisch-amerikanischen Grenze von ihrer Mutter getrennt wird, wie es während Trumps Präsidentschaft tausendfach getan wurde.

Auf verschlungenen Wegen verbinden sich ihre Schicksale.

Der Roman hat einige starke Passagen, zum Beispiel immer dann, wenn die kleine Anita zur Erzählerin wird und wir aus ihrer Sicht erfahren, wie sie versucht, sich selbst vor Trauer und Ungewissheit zu schützen. Auch der Anfang, der noch aus Sicht von Samuels Eltern erzählt wird, ist eindrücklich erzählt. Viele Stellen scheinen jedoch mehr der Hintergrundinformation für uninformierte Leser:innen zu dienen als der Entwicklung der Charaktere oder der Geschichte. Erstere bleiben dadurch leider teilweise etwas blass, letztere wirkt stellenweise etwas unzusammenhängend.

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Vietnamerikanische Geschichte

Wo die Asche blüht von Phan Nguyen Que Mai

In ihrem neuen Roman „Wo die Asche blüht“ widmet sich die Autorin dem Teil der Geschichte Vietnams, der allen bekannt sein dürfte, nämlich dem Vietnamkrieg. Ihr Zugang erfolgt jedoch über einen unbekannten Teil, nämlich über das Schicksal jener Kinder, die aus den Beziehungen US-amerikanischer GIs und vietnamesischer Frauen entstanden sind.

Eines dieser Kinder ist Phong, der als Waisenkind aufgewachsen ist und nun versucht, seinen US-amerikanischen Vater aufzuspüren. Eine weitere Hauptfigur ist Dan, ein Vietnamkriegsveteran, der zurückkehrt auf der Suche nach seiner damaligen Freundin, über deren Leben man in den Rückblenden ins Saigon 1969 erfährt.

Wie schon in „Der Gesang der Berge“ arbeitet die Autorin mit Rückblenden und Zeitsprüngen und Charakteren, deren Geschichten erst nach und nach miteinander verbunden werden und auch die kleinen Plottwists ähneln denen im anderen Roman. Leider gelingt es ihr nicht immer so gut wie in „Der Gesang der Berge“, die besondere Atmosphäre einzufangen und manche Dialoge und inneren Monologe wirken, als würden sie mehr der Exposition dienen als der Story. An einigen Stellen bleiben Charaktere auch recht blass, von denen man gerne mehr erfahren hätte. Dennoch: Da „Der Gesang der Berge“ sechs Sterne verdient hätte, kommt „Wo die Asche blüht“ noch auf fünf Sterne.

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Kulinarische Reise

Die Spaghetti-vongole-Tagebücher von Stefan Maiwald

Wenn man seinen Geburtstag mit der Familie feiert, sorgt man für gutes und ausreichend viel Essen - insbesondere, wenn man in Italien lebt wie der Autor. Das Problem ist allerdings, dass er damit auch noch seine Schwiegereltern beeindrucken möchte, die seinen Kochkünsten seid Jahren eher kritisch gegenüberstehen.

Was ist die Lösung? Die regionalen Spezialitäten der italienischen Heimatregion kochen. Mutig, aber mit Hilfe von lokalen Köchinnen, Fischern, Restaurant-, Bar- und Marktstandbetreibern sollte es hoffentlich gelingen… so lautet zumindest der Plan des Autors!
Auf seiner kulinarischen Reise entlang der Küste des Venetos und Friauls schildert der Autor lokale Köstlichkeiten und ihre Zubereitung, die Traditionen dahinter und trifft lokale Expert:innen. Zwischendurch gibt es kleine Exkurse und alles ist sehr unterhaltsam geschrieben.

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Hallstatt meets China

Selbe Stadt, anderer Planet von Dominika Meindl

Der kleine Ort Hallstatt im österreichischen Salzkammergut hat es vor kurzer Zeit in die Medien geschafft als einer jener Orte, die durch ihre „Instagrammability“ weltweit bekannt wurden und durch Overtourism nun an der Menge der Gäste zu verzweifeln drohen. Für die chinesischen Tourist:innen, die den Ort gerne besuchen, wurde inzwischen in China der Ort im subtropischen Boluo nachgebaut - als Neubaugebiet.

Von diesem Nebeneinander handelt Dominika Meindls Roman und die verschiedenen Charaktere - österreichische wie chinesische - treten auch vor allem nebeneinander auf: Sie begegnen sich selten und wenn, dann ohne zu wissen, dass sie es tun. Der Roman beschreibt auf subtile Weise das Leben in der Kleinstadt Hallstatt, in der die meisten Menschen kaum noch große Pläne für ihr Leben haben und das Leben des chinesischen Tourismusplaners, der zwar große Pläne hat, aber damit auch nicht so recht glücklich wird. Ein schön geschriebener Roman, der zum Nachdenken anregt über das Reisen und Leben an Reisezielen.

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Anders sein ist ok

Mein ziemlich seltsamer Freund Walter von Sibylle Berg

Lisas Leben ist nicht einfach. Ihre Eltern gammeln den ganzen Tag nur rum und kümmern sich nicht um sie, in der Schule hat sie keine Freunde und von den gelangweilten Jugendlichen auf dem Spielplatz wird sie geärgert. Und ihr großes Hobby, die Astronomie, ist allen eh egal. Aber dann kommt Walter: ein kleiner Außerirdischer auf der Durchreise.

Und nun wird alles anders…

In dieser Comic-Adaption des gleichnamigen Theaterstücks haben Sibylle Berg und Julius Thesing ein hübsches kleines Kinderbuch erschaffen, das die - zugegebenermaßen nicht besonders neue - Idee, dass es ok ist, anders zu sein und alle gerne Freund:innen hätten, kindgerecht darstellt. Die Zeichnungen sind hübsch anzuschauen und der Comicstil ist passend: Nicht zu cartoonhaft, simpel und mit netten kleinen Details im Hintergrund. Der Text von Sibylle Berg ist lakonisch geschrieben und eignet sich gut zum Vorlesen für alle ab ca. 8 Jahren.

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Essay gegen die Provinz

Das Befinden auf dem Lande. Verortung einer Lebensart von Björn Vedder

Das Landleben, so Björn Vedder in diesem kleinen Büchlein, ist schrecklich. Er muss es wissen, denn er lebt selbst dort. Er beschreibt in seinem Manifest (bzw. Essay, denn das Werk ist doch recht kurz) das Leben auf dem Land als geprägt von sozialem Druck, einer konservativem Norm zu entsprechen, sich anzupassen und einzufügen.

Er beschreibt das Landleben als Leben der Provinz, die sich abschottet von liberalen und demokratischen Grundsätzen und auf vormoderne Sitten zurückzieht. Dies gilt insbesondere für rechte und konservative Landbewohner:innen, aber auch für jene vermeintlich Aufgeklärten, die aus den Städten aufs Land - in Vedders Fall: den Ammersee - ziehen. Vedder zitiert viele Philosoph:innen von Nietzsche über Eva Illouz bis Hartmut Rosa und schreibt teils bitterböse, teils reflektiert, teils sehr geprägt von eigenen Erfahrungen. Regt zum Nachdenken an, denn auch wenn ein paar Inkonsistenzen auffallen (so kritisiert er z.B. den Egoismus des Liberalismus, um dann selbst liberale Vereinzelung einzufordern), ist er sicher in der soziologischen und geographischen Theorie über die Nachteile des „räumlich weiten, aber sozial nahen“ Lebens auf dem Lande. 22 Euro für 140 Seiten sind allerdings recht happig.

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Dienstmädchen-Coup

Mayfair House von Alex Hay

London Mayfair, 1905: Mrs. King, die Haushälterin der Familie de Vries in der größten und prächtigsten Villa in der Stadt wird aus fadenscheinigen Gründen entlassen und beginnt umgehend, ihren lang entwickelten Racheplan in die Tat umzusetzen: Während Miss de Vries ihren prächtigen Ball gibt, werden sie und ihre Freundinnen (die alle etwas mit dem Haus de Vries verbindet) die Villa leer räumen.

Und zwar vollständig.
Die Beschreibungen der Opulenz der Londoner Villen mit ihren dekadenten Schmuckstücken und Kunstwerken, die aufgesetzten Höflichkeiten der Oberschicht und die rauen Umgangsformen der Halbwelt werden detailreich beschrieben, so dass man sich das Setting und die Charaktere sehr gut vorstellen kann. Viele der Charaktere sind vielschichtig gezeichnet, aber leider nicht alle. Die Plot-Twists sind überzeugend und machen das Buch spannend, manche Erzählstränge werden aber leider nicht ganz zu Ende geführt. Trotzdem: Lesen!

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Asterix-Ableger

Idefix und die Unbeugsamen! 05 von Albert Uderzo; René Goscinny; Matthieu Choquet

Idefix und seine felligen Freunde leben in Lutetia, das wie ganz Gallien von den Römern besetzt ist. Doch - wie kann es anders sein - leisten sie Widerstand gegen den römischen Statthalter und seine Legion.
In diesem schmalen Bändchen begibt sich der Druide Miraculix nach Lutetia, um eine neue goldene Sichel zu kaufen, doch sein Beutel wird ihm gestohlen.

Gleichzeitig versuchen Idefix und seine Bande, dem Geheimnis der entführten Hunde auf die Spur zu kommen. Ihre Wege kreuzen sich auf unerwartete Weise…
Die Zeichnungen dieses Comics sind wie die bekannten Darstellungen aus den Asterix-Comics von Goscinny und Uderzo. Das ist schön, so pflegen sie sich gut in die Comicwelt von Asterix und Obelix ein und sind ein netter kleiner Ableger. Auch die Namen sind die typisch lustigen Verballhornungen. Allerdings sind mir die zahllosen Kalauer mit Hund- und Katzenbezug recht schnell zu viel geworden, für den Text gibt es also Punktabzug.

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Hübsche Zeichnungen

Der Recyclosaurus von Anka Schwelgin

Matti mag Dinosaurier. Matti ist sogar der größte Dinosaurier-Fan aller Zeiten, mit Dinosaurier-Bettwäsche im Dinosaurier-Bett und einem Dinosaurier-Schlafanzug. Aber Matti hätte so gerne einen echten Dinosaurier als Haustier! Und plötzlich ist da einer, ein ganz kleiner. Aber was soll er bloß fressen?

In dieser netten kurzen Geschichte zum Vorlesen für Kleine erfährt man, dass der Dinosaurier praktischerweise Plastik frisst.

Deshalb nennt Matti ihn Recyclosaurus. Die Erklärung, warum er dies tut, ist allerdings nicht so recht überzeugend. Am Ende wird der Zusammenhang von Plastik und Dinosauriern kindgerecht erklärt und ebenso, warum der derzeitige Plastikverbrauch auf der Erde ein sehr großes Problem ist - größer als jeder Dinosaurier. Hübsch gemachte Zeichnungen runden die Geschichte ab. (Vor-)lesenswert!

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Spannende Odyssee

Kantika von Elizabeth Graver

In diesem spannenden, teils biographischen Roman lässt die Autorin Elizabeth Graver die Lesenden an der Odysee ihrer Großmutter Rebecca Cohen und ihrer Familie teilhaben. Man reist von den 1920er Jahren bis in die 1950er und folgt der Protagonistin von Konstantinopel (heute Istanbul) nach Barcelona, Adrianopel und Havanna bis in die Vororte New York Citys.

Anhand dieser Lebensreise erfährt man unglaublich viel über das Leben einer sephardischen Familie vor, zwischen und nach den Weltkriegen.
Der Roman ist mitreißend und eindringlich geschrieben und von Juliane Zaubitzer sehr gut übersetzt. Auch wenn die Kantika des Buchtitels, also die sephardischen Lieder, erst nach 200 Seite auftauchen und keine große Rolle spielen, hat mich der Sprachenmix des Buches restlos überzeugt: Es werden viele Sätze aus dem Ladino, dem sogenannten Judeospanischen der sephardischen Diaspora, eingeflochten, ebenso Spanisch, Hebräisch, Französisch, Türkisch, Englisch - all die Sprachen, die Rebecca Cohen während ihres langen Lebens sprach.

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